7

Öffentlicher Dienst als Enabler und positiver Gestalter

Öffentliche Verwaltung

Am 24. September 2025 trat der Fachbeirat „Öffentliche Verwaltung” zum ersten Mal in der Austrian School of Government (ASG) in hybridem Format zusammen. Ein selbstbewusster, auch für die Daseinsvorsorge zuständiger Öffentlicher Dienst sei ein eigenständiger, wichtiger Enabler und positiver Gestalter in Gesellschaft und Demokratie, war der Tenor der Diskussionen. „Positive Public Leadership“ wurde als moderner Führungsansatz identifiziert, um Verwaltung zukunftsfähig zu machen. Ebenso betont wurde auch der Wert der #Mindshift Festivals. Dieses innovative Eventformat verbindet „Pioniere der Veränderung“ aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, die öffentliche Systeme von innen stärken und für die Zukunft fit machen. Physisch präsent und online zugeschalten beim Workshop waren Führungskräfte und Expert:innen aus Deutschland und Österreich mit langjährigen Erfahrungen in einschlägigen Bereichen.

Was verstehen wir unter öffentlicher Verwaltung? Diese Frage stellte gleich zu Beginn Hermann Feiner, der Vorsitzende des Aufsichtsrates des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF). Er koordiniert den Fachbereich „Öffentliche Verwaltung“ als Vorstandsmitglied im Verein „Empowering Democracy – Demokratie positiv gestalten.“ Rasch einigte man sich darauf, Verwaltung breit zu verstehen, als Enabler im Sinne eines Öffentlichen Dienstes, nicht nur als politisches Instrument. Das Primat der Politik erfordere eben die Unterscheidung zwischen Politik und Verwaltung. Verwaltung sei damit auch deshalb ein Kernbereich, weil es von diesem Thema Verbindungen zu allen anderen Fachbereichen von „Empowering Democracy“ gebe, sagte der Vereinsvorsitzende Willi Sandrisser.


Man müsse den Stallgeruch von Bürokratie und reiner Verwaltung rausbringen, forderte Ursula Rosenbichler, Leiterin der Austrian School of Government. Sie beschrieb Verwaltung als eigenes Ökosystem mit wichtigen Aufgaben, wenn es um Wissenskommunikation und den Beitrag zu „evidence based policy“ geht. Die strukturelle Koppelung des politisch-administrativen Systems mit Wissenschaft und die Nutzung der etablierten Elemente (Folgenabschätzung und wirkungsrelevante, transparente Systeme) sind wichtige Parameter für einen dynamischen und stabilen Öffentlichen Dienst.


Im Öffentlichen Dienst erbringen sehr viele überzeugte Menschen wesentliche Leistungen zur Daseinsfürsorge und für unser Zusammenleben, wie Mitarbeitende der Polizei, der Müllabführ, in Schulen und Universitäten, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen oder auf der kommunalen Ebene. „Starke Führungspersonen umgeben sich dabei mit starken Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, betonte Hermann Feiner. Über eine deutschlandweite Tagung der Polizeien zum Thema „Starke Führung, starke Demokratie“ bei der Polizei in Mittelhessen berichtete Bernd Bürger. Er ist Leiter des Fachbereiches Führung und Einsatz der Bayerischen Polizei und leitet im Rahmen von „Empowering Democracy – Demokratie positiv gestalten“ den Fachbeirat „Einsatzorganisationen in Demokratien“.


Zugeschaltet aus Berlin ging Dorit Bosch aus dem deutschen Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung auf das Thema Verwaltungstransformation von innen ein. Sie ist Initiatorin der #Mindshift Festivals, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Beim #Mindshift Festivals Vienna 2025 am 2. Oktober 2025 in Wien wurde unsere Initiative „Empowering Democracy – Demokratie positiv gestalten“ vom Vereinsvorsitzenden Wilhelm Sandrisser vorgestellt. Dorit Bosch gestaltet „Empowering Democracy“ mit und koordiniert den Fachbeirat „Öffentliche Verwaltung“ für Deutschland.


Bessere Beteiligungsmöglichkeiten der Gesellschaft an der Verwaltung können zu einer höheren Zufriedenheit mit staatlichem Handeln und größerem Vertrauen in das politische System beitragen, gab sich Dorit Bosch überzeugt. Wenn Verwaltung nur funktioniere, befinde man sich in einer „Fake-Work-Falle“. Es müsse auch analysiert werden, was und warum etwas gut gelinge. Zudem gelte es öffentlich deutlich zu machen, „wofür wir einstehen.“ In diesem Zusammenhang verwies Dorit Bosch auf „Let’s Staat“, ihr Podcast-Format für die Verwaltung.


„Wie ist Verwaltung ausgerichtet, eher defizitorientiert oder eher wachstumsorientiert“, fragte Christoph Gappmaier. Er ist für Personalgewinnung im Land Salzburg zuständig, Experte für „Positive Public Leadership“ und Teil des österreichischen Koordinierungsteams im Fachbeirat „Öffentliche Verwaltung“ von „Empowering Democracy“. Es gebe zwei Zugänge zu Verwaltung, zum einen mit einem negativen Menschenbild, auf Fehlervermeidung fixiert, pessimistisch, zynisch, ineffizient und ineffektiv, defizitär bezüglich des Budgets, veränderungsresistent oder zum anderen mit einem positiven Menschenbild, stärkenorientiert, auf Exzellenz ausgerichtet, effizient und effektiv, innovativ und visionär, budgetstark, auch humorvoll sowie wirkungsorientiert und gestaltend.


Gappmaier sprach damit und zu weiteren Aspekten die Ergebnisse einer Delphi-Studie an, die er im Rahmen seiner Masterarbeit zu „Positive Public Leadership“ durchgeführt hat. Für die zukünftigen Herausforderungen an die Verwaltung benötigen die Mitarbeitenden mehr „Leadership“ und weniger „Dienstvorgesetzte“, lautet dabei eine der Thesen mit sehr hoher Zustimmung. Entsprechende Einschätzungen wurden durch die Erfahrungen von Kirsten Liebchen unterstrichen. Sie setzt Methoden positiver Führung im Jobcenter Osnabrück um. Diese erleichtern auch die Vermittlung von Arbeitssuchenden, berichtete Liebchen. Christoph Gappmaier stellte die Ergebnisse seiner Arbeit auch beim #Mindshift Festival Vienna 2025 am 2. Oktober in Wien zur Diskussion.


Karl-Heinz Grundbück, Leiter des Bereiches Kommunikation der österreichischen Parlamentsdirektion, begann seinen Impulsvortrag mit einer Definition von Demokratie. Sie sei eine Organisation unseres Zusammenlebens, getragen von wechselseitigem Respekt, Rationalität und der Idee, der oder die andere könne recht haben, weshalb es Austausch brauche. Dieses Kulturprinzip habe sich durchgesetzt, in Schulen, Familien, Betriebsräten oder Kommunen. Wo es um persönliche Begegnung gehe, gehe es der Demokratie gut. Eine krisenhafte Situation bestehe dagegen in der repräsentativen Demokratie, für die es die Vermittlung durch Medien zwischen Wählenden und Gewählten brauche. Das habe mit der digitalen Kommunikation zu tun. Nach Erfindung der Schrift und des Buchdrucks befinde man sich mitten in dieser dritten Revolution im Bereich Kommunikation.


Diese habe ein ähnliches Revolutionspotential, wie die beiden ersten. Auch die Verfassungen liberaler Demokratien seien unter den Bedingungen analoger Lebenswelten geschrieben worden. Politik tue sich unter den neuen Bedingungen immer schwerer die Komplexität von Systemen zu durchblicken, nahm Grundböck auf entsprechende Einschätzungen Bezug. Er erwähnte dazu Michael Dobbs, Mitglied des House of Lords, auch bekannt als Autor der Trilogie „House of Cards“. Aus Angst vor (sozialen) Medien und der eigenen Partei gehe es Politik nun oft um das Umschiffen der Schlaglöcher des Alltags. Somit ergebe sich quasi eine Umkehr der klassischen Aufgabenteilung von Politik, als Ebene, die die großen Linien zieht, und Verwaltung, welche früher das beharrende Element gewesen sei.


Wie alle Teilnehmenden bekannte sich Grundböck klar zum Primat der Politik. Die Verwaltung, als Kontinuum und Art Staatsgedächtnis, sei jedoch gefordert, eigene Positionen zu formulieren und brauche ebenso einen eigenen öffentlichen Auftritt, umso mehr in einer Medienwelt, die zunehmend von KI geprägt werde. Damit könne nicht zuletzt das für die Demokratie so notwendige Vertrauen in Institutionen gestärkt werden.


Wie wichtig ein entsprechendes Selbstbewusstsein und aktive, zukunftsgerichtete Verwaltungen bzw. Öffentliche Dienste sind, zeigen demokratiegefährdende Versuche, Verwaltungen zu schwächen oder überhaupt zu zerschlagen, wie in den USA. Darin waren sich alle Teilnehmenden einig. In diesem Zusammenhang wurde erörtert, wie Verwaltung durch die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse und darauf fußender Methoden – etwa aus dem Bereich der Positiven Psychologie oder der translationalen Wissenschaftskommunikation, wie sie Lara Weisz, Kriminologin und Mitglied im Fachbeirat „Einsatzorganisationen in Demokratien“, in ihrer aktuellen Arbeit untersucht hat – zukunftsfit gemacht werden kann.


Aufbauend auf den Diskussionen beim Workshop wird das Thema „Öffentliche Verwaltung“ einen Schwerpunkt bei der Auftaktveranstaltung von „Empowering Democracy – Demokratie positiv gestalten“ am 13. November 2025 in Wien bilden. Dabei soll auch ein entsprechendes länderübergreifendes „Future Lab“ für Österreich, Deutschland und die Schweiz gestartet werden, kündigte der Vereinsvorsitzender Willi Sandrisser an.